Tierschutzgesetz: Vernichtendes Zeugnis für Regierung

Viel Schönfärberei, aber kaum Fortschritte

Sonja Muellner

Nach der heute im Nationalrat beschlossenen Tierschutzgesetznovelle stellen wir der Regierung ein vernichtendes Zeugnis aus.

Scharf kritisieren wir daran, dass es kaum Verbesserungen gibt und im Gegenteil durch NGOs und Opposition hauptsächlich sogar zahlreiche Verschlechterungen zu verhindern versucht werden mussten. Über 600 konstruktiv kritische Stellungnahmen wurden weitgehend ignoriert.

Dieses Gesetz ist ein verfrühter Aprilscherz auf dem Rücken Wehrloser, denn es hat mehr Ausnahmen für die Wirtschaft als es überhaupt Verbote hat. Die Regierung versucht seit Wochen zu beschönigen wo es geht, aber was hier geöffnet wird sind keine Schlupflöcher mehr, das sind schon Scheunentore, die potentiellen Gesetzesbrechern weit offen stehen und die Vollzugsbehörden vor riesige Schwierigkeiten stellen.

Zwei Beispiele dazu:

1. Der Welpenmafia wurde zwar versucht einen Riegel vorzuschieben, indem sämtliche privaten Tierverkäufe sogar im Internet verboten wurden. Dass die Landwirtschaft aber wieder komplett ausgenommen ist, werden auch Welpenschmuggler schnell als Rechtfertigung missbrauchen und sich als Landwirte ausgeben; was praktisch nicht kontrollierbar ist.
    

2. Zuchtkatzen müssen ab 2019 (warum so spät?!) gechippt werden. Gleichzeitig gilt aber als Zucht nun auch unkontrollierte Vermehrung. Ein Freibrief für alle, die eine Ausrede brauchen um ihre Katzen nicht zu kastrieren, was zur weiteren Verschärfung der Streunerkatzenproblematik führen wird - mit all den grausamen Folgen wie Inzucht, Krankheiten und Seuchen, an denen sie elend zu Grunde gehen (siehe unsere Plakatsujets). Die Bemühungen der Länder, die Streunerkastrationsprojekte seit Jahren finanziell fördern, werden hiermit gezielt zunichte gemacht!

In den Erläuterungen zur Novelle erkennt das Ministerium richtig:

„Seit der Einführung des bundeseinheitlichen Tierschutzgesetzes in Österreich hat sich die gesellschaftspolitische Bedeutung des Themas – insbesondere im Nutztierbereich – weiterentwickelt, sodass einzelne Regelungen der neuen Auffassung anzupassen sind.“ 

Tatsächlich wurde aber so gut wie nichts „angepasst“: weder die Kettenhaltung von Rindern, noch das Ausbrennen deren Hörner im Babyalter, weder die betäubungslose Kastration von Ferkeln noch das Abschneiden deren Schwänze, weder das Kupieren der Schnäbel von Hühnern oder Puten noch die Tötung von jährlich 10 Millionen männlichen Eintagsküken wurden verboten. Und das ist nur ein kleiner Auszug. Man fragt sich zu Recht was überhaupt "angepasst" wurde. Die Ausnahmen wurden sogar ausgeweitet und teilweise zur Regel gemacht – Stichwort: Kühe 365 Tage im Jahr in Ketten. Auch die Tierärztekammer protestiert gegen diese Novelle, weil nun sogar Hilfskräfte schwere, schmerzhafte Eingriffe durchführen dürfen. Nur die Profiteure sind zufrieden über den Stillstand im Tierschutz.

In § 3. Abs. 1 steht ausdrücklich „Dieses Bundesgesetz gilt für alle Tiere.“ Warum sind all diese Grausamkeiten zwar bei Hunden und Katzen längst verboten, aber bei Nutztieren wimmelt es vor Ausnahmen? Weil es ein Kniefall vor der Fleischindustrie ist. Der Tierschutz wird – obwohl als Staatsziel in der Verfassung verankert – von der Regierung mit Füßen getreten.

Mahatma Gandhi sagte einst: „Die Größe und den moralischen Fortschritt einer Gesellschaft kann man daran messen, wie sie ihre Tiere behandelt.“


Veröffentlicht am: 30.03.2017